Nach der Veröffentlichung des desaströsen Resultats der Internationalen Grundschul-Leseuntersuchung (Iglu) wird (noch) mehr Leseförderung in der frühkindlichen Bildung gefordert. Und das aus gutem Grund.
Iglu (Internationale Grundschul-Leseuntersuchung)
wird seit mehr als 20 Jahren in Deutschland von Forschenden des Instituts für Schulentwicklungsforschung durchgeführt. Sie untersuchen die Lesefähigkeiten und -fertigkeiten von Grundschülerinnen und Grundschülern der vierten Klassen.
Kernaufgabe der Grundschule ist – weit über den Anfangsunterricht hinaus – die Grundschüler/-innen nachhaltig mit „Lesefutter“ sowie mit Werkzeugen und Lernstrategien auszustatten, um eine solide Lesekompetenz erwerben zu können. Denn Lesen ist elementar für jegliches (lebenslanges) Lernen. Außerdem ist das sinnerfassende Lesen und Verstehen von Texten ist die Basiskompetenz für soziale und kulturelle Teilhabe.
Was untersucht die Iglu-Studie?
Um die Lesefähigkeit und -fertigkeit zu bewerten, werden in einem Test literarische und sachliche Texte verwendet, die die Schüler/-innen aufmerksam lesen müssen. Im Anschluss müssen zum Text mehrere Fragen mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad beantwortet werden. Anhand von Fragebögen werden auch die Lesemotivation, die Lesegewohnheiten und die Einstellung der Kinder zum Lesen allgemein.
Deutschland bereits fünfmal an Iglu teilgenommen
Deutschland nimmt seit 2001 an den Untersuchungen, die alle fünf Jahre gemacht werden, teil. Am 16. Mai wurden die Ergebnisse der Studie von 2021 veröffentlicht. Veränderungen der Leistungsstände über einen Zeitraum von mehreren Jahren können so detailliert beleuchtet werden.
Hier gehts zu den Ergebnissen: https://ifs.ep.tu-dortmund.de/forschung/projekte-am-ifs/iglu-2021/
An der Erhebung vor fünf Jahren haben alle 16 Bundesländer mit ca. 8.900 Viertklässler/-innen an ca. 400 Grund- und Förderschulen teilgenommen. International gesehen waren 2021 Schüler/-innen aus fast 60 Ländern dabei, wobei die Anzahl der beteiligten Kinder je nach Land unterschiedlich ist. An der Studie von 2016 haben sogar mehr als 310.000 Schüler/-innen teilgenommen.
Wie gut ist die Lesekompetenz bei deutschen Grundschülern?
Die Leseleistungen der deutschen Grundschüler/-innen lagen bis 2017 über dem internationalen Durchschnitt und im Bereich des EU- und OECD-Durchschnitts.
Lediglich vier Länder erzielten im Jahr 2001 höhere Leistungswerte als Deutschland. Bei der vorletzten Studie im Jahr 2016 waren bereits schon 20 Länder, die höhere Leistungswerte zeigen konnten. Diese Studie zeigte auf, dass jede(r) fünfte Viertklässler/-in in Deutschland Texte nicht richtig lesen und verstehen konnten. Zudem machte auch diese Studie wieder deutlich (und das zieht sich wie ein roter Faden durch alle Studien), dass der Einfluss des Elternhauses auf die Lesekompetenz der Kinder in Deutschland eine ganz enorme Rolle spiele. Es wird angeführt, dass die Leistungsdifferenz zwischen Kindern, deren Eltern/Erziehungsberechtigten regelmäßig lesen und in deren Haushalt mehr als 100 Bücher vorhanden sind, und Kindern, deren Eltern/Erziehungsberechtigten kaum oder gar nicht lesen, fast ein ganzes Schuljahr ausmacht. Weiter fallende Leistungswerte werden schon jetzt prognostiziert.
Quellen: Institut für Schulentwicklungsforschung IFS, KMK, BMBF, Thekla Jahn, og
Daher: Mehr Leseförderung in Kindergarten und Kita
Studien (u.a. auch die der Stiftung Lesen) zeigten immer wieder auf, dass ca. ein Drittel der Eltern/Erziehungsberechtigten in Deutschland nicht oder zu selten vorliest. Als Grund dafür wird von fast der Hälfte der Befragten angegeben, dass den Kindern bereits im Kitaalltag genug vorgelesen würde. Somit wird die Verantwortung für das Heranführen der Kinder ans Lesen auf die pädagogischen Fachkräfte übertragen.
Vorlesen fördert viele Bereiche der kindlichen Entwicklung
Diese Bereiche – um nur einige zu nennen – werden beim Vorlesen besonders gefördert: Sprachbildung, Fantasie und Kreativität, sozio-emotionale Entwicklung und das Selbstbewusstsein. Und die beruhigende Auswirkung des gemeinsamen Lesens auf alle Mitwirkenden fördert zudem eine sichere und wertschätzende Atmosphäre.
Literacy unterstützt phonologische Bewusstheit und die Sprachfertigkeit
Mit Literacy-Angeboten (Reime, Zungenbrecher, Fingerspiele, Mitmachgeschichten etc.) kann die phonologische Bewusstheit unterstützt werden. Anhand von Rollenspielen wird der Zusammenhang zwischen Alltagswelt und Schriftsprache gefördert. Grundwortschatz und Sprachbetrachtung (Grammatik) können durch „Dialogisches Lesen“ nachhaltig gefestigt werden.
Lesesozialisation – das Heranführen an das Medium Buch
Mit dem Begriff Lesesozialisation ist das Heranführen an altersgerechte und thematisch passende Bücher und die Entwicklung zu einem regelmäßigen Leseverhalten gemeint. Bestenfalls passiert dies innerhalb der Familie, aber ganz besonders in der frühkindlichen Bildung in Kindergärten, Kitas und Krippen.
Der Unterschied von klassischem Vorlesen und dem dialogischen Lesen
Liest eine (erwachsene) Person vor und die Kinder hören zu, spricht man vom klassischen Vorlesen. Meistens schließt sich eine Diskussion an und/oder aufkommende Fragen werden beantwortet. Das dialogische Lesen, das in der Regel in Kleingruppen durchgeführt wird, beinhaltet schon während des (Vor)Lesens eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Text. Dabei werden – um den Dialog und die Auseinandersetzung mit dem Gelesenen zu fördern – durch den/die Vorleser/-in an bedeutenden Stellen in der Geschichte Sprechimpulse an die jungen Zuhörer/-innen gegeben.
Praxisbeispiel
Auf dem Weg zur Schriftsprache
Literacy ist ein wesentlicher Baustein der frühkindlichen Sprachbildung. Dazu gehören kindliche Erfahrungen rund um die Erzähl-, Reim-, Buch- und Schriftkultur. Kinder entwickeln schon lange vor dem Schuleintritt ein Interesse an Schrift, indem sie beispielsweise aufmerksam auf Zeichen und Piktogramme achten, die sie umgeben. Dieses Symbolverständnis ist für den späteren Schreib- und Leselernprozess förderlich.
A wie Apfel
Bei diesem Bewegungsspiel müssen die Kinder gut zuhören, um den richtigen Anlaut herauszuhören.
Materialien:
- DIN-A5-Papier
- Edding
- Laminierfolie
- Laminiergerät
- Klebeknete
- Handtrommel (alternativ CD-Player mit Musik-CD)
Und so wird’s gemacht:
Die Fachkraft schreibt mit Edding die Druckbuchstaben groß auf das Papier, laminiert diese und hängt sie in jeweils eine Ecke des Bewegungsraumes.
Dann laufen die Kinder zum Rhythmus der Handtrommel durch den Bewegungsraum. Bei einem Musikstopp nennt die Fachkraft ein Wort. Die Kinder sollen den Anlaut herausfinden und möglichst schnell in die entsprechende Ecke des Raumes laufen.
Wortbeispiele:
- A: Ast, Amsel, Ahorn, Ameise, Acker, Apfel, Apfelbaum …
- E: Erde, Erdbeere, Erbse, Elster, Ente, Eber …
- M: Margerite, Mohn, Marienkäfer, Maus, Maulwurf, Meise …
- R: Radieschen, Rose, Ringelblume, Regen, Rübe, Rasen …
Dieses Angebot findest Du in der Ausgabe „Auf dem Weg zur Schriftsprache“ aus der Reihe „Bausteine Kindergarten – Sprachbildung“.
Passende Ausgaben zur Förderung der Lesekompetenz:

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Sprachförderung und Sprachbildung
Die Ausgaben dieser Reihe helfen Erzieherinnen und Erziehern, Sprachtherapeutinnen und -therapeuten und interessierten Eltern im Kindergarten oder während der Sprachtherapie dabei, Sprachentwicklungsstände festzustellen und diesen individuell zu begegnen.
Viele Grüße
Eure Redaktion von
BAUSTEiNE KiNDERGARTEN
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