BAUSTEiNE KiNDERGARTEN

Und jährlich grüßt das Murmeltier

Und jährlich grüßt das Murmeltier, Farben, Pinsel, Knete
© Gennadiy Poznyakov – Adobe Stock

Im neuen Beitrag der Kolumne „Das ist ja wie im Kindergarten“ blickt Tanja Siepmann mit einem Augenzwinkern auf die jährlich widerkehrenden Feste, Routinen und Gewohnheiten im Kita-Alltag.
Die Jahresuhr steht niemals still, singt schon Rolf Zuckowski und wer einmal in die Dauerschleife dieses Liedes geraten ist, weiß ungefähr wie Bill Murray sich in „Und täglich grüßt das Murmeltier“ gefühlt haben muss. Nicht täglich, aber jährlich grüßt das Murmeltier auch in der Kita.

Im Januar erholt man sich von der „gemütlichen“ Weihnachtszeit und lässt täglich einen guten Vorsatz nach dem anderen über Bord gehen.

  • Gesünder essen: „Ja Anna, gerne nehme ich auch einen von deinen Geburtstags-Muffins.“
  • Mehr Sport: „Kinder, heute geht’s in den Turnraum, ich schau von der Bank aus zu“.
  • Mehr Gelassenheit: „Jetzt ist aber mal Ruhe hier, das ist das Atelier und keine Box-Bude, verdammt nochmal“.
  • Weniger lästern: „Hast Du die Frau Müller gesehen, die hat aber auch ein paar Weihnachtspfündchen auf den Rippen“.

Gerne wird dieser Monat auch genutzt um BASIC-Bögen auszufüllen und Ordnung in Dokumente, Schränken und Regalen zu machen. Mit Glück nimmt sich jemand der Materialkammer an. Die hat es dringen nötig. Frisch sortiert und beschriftet geht es dann ins neue Jahr.

Überall Eisköniginnen und Spidermänner

Der Februar ist geprägt vom größten aller Kitafeste, dem Karneval. Mottos werden diskutiert, demokratisch abgestimmt und geplant. Egal ob „Unterwasserwelt“, „Auf der Ritterburg“ oder „Im Tierreich“, am Ende laufen sowieso neunzig Prozent Prinzessinnen, Eisköniginnen, Spidermänner und Polizisten durch die dem Motto nach geschmückten Hallen. Spätestens bei der Karnevalsparty geben die Letzten ihre konsequente Diät auf. Wer kann sich schon bei dem Süßigkeiten schwangeren Buffet zurückhalten? In der Turnhalle wird wild zu „Die besten Karneval Hits 1990“ getanzt und der Praktikant versucht Erzieherin Gerlinde Hip-Hop beizubringen. Auf ihre Unterstützung müssen wir in den nächsten Wochen dann verzichten, Bandscheibenvorfall! Mit Glück hat sich am Ende kein Kind übergeben und alle gehen leicht ramponiert aber glücklich am Nachmittag nach Hause. Wohin mit der Deko? Die verwahren wir fürs nächste Mal. In der Materialkammer ist ja jetzt Platz.

Stubs, der kleine Osterhase kriegt heute eins auf die Nase

Der letzte Glitzer glimmt hier und da auf, das handgestanzte Konfetti ist noch nicht ganz weggefegt, da sind schon die Vorbereitungen für die Osterzeit in vollem Gange. Kataloge werden in Teamsitzungen gewälzt und Preise verglichen. Soll dieses Jahr ein Sandförmchen in Hasenform in den selbst gebastelten Nestern für die Kinder versteckt werden oder ein Plüschküken? Eier werden bis zur Atemnot ausgeblasen, angemalt und anschließend ausversehen zerdrückt. Hasen- und Möhrenmandalas zieren Wände und Fenster. Die Garten-AG hat die ersten Frühlingsblümchen ausgepflanzt, nur damit sie drei Tage später von zehn Zentimeter Neuschnee überdeckt werden. Stubs, der kleine Osterhase wird von den Kindern noch bis Mitte Mai voller Inbrunst gesungen. Bei den Erziehrinnen lässt schon kurz vor Ostern die Euphorie nach und selbst die Veganer unter ihnen überlegen, wie man dem kleinen Mümmelmann den gar ausmachen könnte. Acht Osterhasennester sind übergeblieben. Die können in die Materialkammer, neben die Kiste mit den ausgeblasenen Eiern.

Pimp my Portfolio

Ende April ist die Geschenkewerkstatt für die Muttertags-Geschenke in vollem Gange und Anfang Mai sind alle mit der Planung für die letzten Vorschulaktionen beschäftigt. Die Abschiedsbriefe für die zukünftigen Schulkinder müssen geschrieben und die Portfolios aufgepimt werden. Auf irgendeiner Kamera finden sich immer noch Bilder, aus denen man Lerngeschichten basteln kann, damit wenigstens die Illusion entsteht, der ein oder andere Anti-Bastler habe in den letzten drei Jahren auch mal Zeit im Kreativraum verbracht. Polizei und Feuerwehr werden besucht. Jungs fangen Mädchen, Mädchen fangen Jungs und der Eindruck erhärtet sich, dass es höchste Zeit wird, die „Kita-Halbstarken“ zu verabschieden.

Im Juni wird mit den letzten Eltern verhandelt, dass auch ihr Kind drei Wochen in den Sommerferien zu Hause bleiben muss und im Kollegium träumt man vom bevorstehenden eigenen Urlaub. Zuvor finden die ersten Kennenlerngespräche mit den neuen Familien und Kindern statt und man ahnt, dass es nach dem Urlaub nicht leichter werden wird.

Abschied von den Vorschulkindern

Im Juli werden nach einem fulminanten Abschiedsfest die letzten Vorschulkinder zur Tür rausgeschmissen und mit allen Übriggebliebenen der Sommer genossen. Wasserschlachten bei denen vor allem die in Tränen ausbrechen, die vorher noch draufgängerisch „mach mich doch nass“ gerufen haben. Ausflüge zum Spielplatz und Eis, ganz viel Eis. Die Schnecken ernten das Gemüse im Garten und die letzten drei, nicht im grünen Zustand abgerissenen Johannisbeeren, leuchten dunkel rot und können offiziell geerntet werden.

Braun gebrannte und gut erholte Kolleginnen und Kollegen kehren aus dem Urlaub zurück, und auch alle Kinder trudeln, leicht „entregelt“ und verwildert wieder ein. Kiloweise Muscheln und Sand werden zu Kunstwerken verarbeitet, während die Künstler ihre wildesten Urlaubsgeschichten zum Besten geben. Leider konnten nicht alle Muscheln „verbastelt“ werden. Zum Wegschmeißen zu schade, packen wir sie mal in die Materialkammer. Kann man sicher noch mal gebrauchen.

High Noon in der Kita – die Eingewöhnung

Pünktlich zu High Noon im August ist das Kollegium wieder vollzählig. Die Eingewöhnung der neuen Kinder kann beginnen. Eltern werden getröstet und lernen sich von ihren Kindern zu trennen. Äh, nein, Kinder werden getröstet und lernen sich von ihren Eltern zu trennen. Die Dezibelzahl im Gruppenraum erreicht die Stärke eines startenden Düsenjets. Erzieherinnen werden spätestens durch unangenehme Gerüche im Gruppenraum oder feuchten Po-Abdrücken auf ihrem Hosenbein daran erinnert, dass es wieder Wickelkinder in der Gruppe gibt. Die neuen Vorschulkinder werden in ihre Rechten und Pflichten eingeweiht und der Sommer klingt langsam aus.

Im Herbst und Winter geht es Schlag auf Schlag

Der Herbst, der Herbst, der Herbst ist da, die Blätter werden bunt und ebenfalls zur Weiterverarbeitung in den Bastelraum geholt. Auf dem Außengelände machen sich Regenpfützen breit. Der Kartoffelkönig lässt sich zum Kartoffelkuchen verarbeiten und das Martinsfest steht kurz bevor. Laternen müssen gebastelt und das Fest geplant werden. Natürlich wird es eine Mantelteilung vor Ort geben. Den roten Umhang müssen wir neu nähen, der ist der Materialkammer Aufräumaktion im Januar zum Opfer gefallen. Konnte ja keiner ahnen, dass der kaputte Lumpen noch gebraucht wird.

Ist das Martinsfest vorbei geht es mit großen Schritten Richtung Nikolaus. Die Nikolaussocken müssen eingesammelt und gefüllt werden. Der Adventskalender wird gebastelt und schon geht es wieder auf Weihnachten zu. Der Weihnachtsschmuck wird aus der Kammer geholt, dabei fällt der Sack mit den Muscheln um. Kümmern wir uns später drum, jetzt machen wir es uns ja erst mal so richtig gemütlich. Egal, ob Lichterfest oder Weihnachtsfeier, der Basar hat jedenfalls gutes Geld für das neue Klettergerüst eingebracht. Was nicht verkauft wurde, kommt in die Materialkammer, fürs nächste Mal.

Dort sieht es ganz schön wild aus! Im Januar müsste da mal wieder dringend jemand aufräumen!

Kolumnistin Tanja Siepmann

Tanja Siepmann ist Erzieherin und freie Autorin.

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