In diesem Teil unserer Kolumne „Pädagogische Handlungskonzepte“ beschäftigt sich unsere Autorin Svenja Gleffe mit dem offenen Konzept.
Wie entstand das Konzept für die offene Arbeit?
Das Konzept für die offene Arbeit entstand zwischen den 1960er- und 1970er-Jahren. Im Fokus steht bei der offenen Arbeit die Partizipation. Daher sind alle Teilnehmer/-innen innerhalb des offenen Konzeptes aktive Gestalter/-innen und Akteur/-innen. Nach dem Aufruf des früheren Bundeskanzlers Willy Brandt (1913–1992) „Mehr Demokratie wagen“ im Jahre 1969 wurden viele Erziehungsmethoden in den Bildungseinrichtungen stark hinterfragt. Mit diesem Aufruf traf Brandt in der Zeit des gesellschaftlichen Wandels „den Nerv“ der Gesellschaft. Somit wurden die Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern neu definiert. Auch der Sinn und die Wirkung bisheriger Erziehungs- und Bildungsansätzen wurde mit kritischem Blick geprüft.
Anfang der 1970er-Jahre öffnete schließlich die erste offene Kita in Hessen. Im Anschluss entstand geradezu eine Welle des offenen Konzeptes. Auch Forderungen, gingen mit der offenen Konzept-Welle einher. „Raus aus den einengenden Räumen“ war eine von vielen Forderungen. Diese Aussagen trafen erst einmal auf Unsicherheit und Unverständnis in der Gesellschaft. Auch heute spalten sich noch die Meinungen zu dem Thema „Offenes Konzept“. Inspiriert wurden die Ansätze und Methoden von Pädagogen, wie Fröbel, Montessori, Pestalozzi und Freinet.
Die offene Arbeit orientierte sich an folgenden Ansätzen der Pädagogik:
- Situationsansatz: Hier sind die aktuellen Bedürfnisse und Interessen der Kinder und ihrer Familien Ausgangspunkt der pädagogischen Arbeit.
- Integration/Inklusion: Das gemeinsame Leben und Lernen steht im Fokus, begleitet von der Offenheit von Arbeitsweisen und der Veränderung alter Strukturen.
- Reggio-Pädagogik: Stellt die Wahrnehmung mit allen Sinnen in den Fokus. „Die Hundert Sprachen der Kinder“ von Malaguzzi motivieren Erwachsene zum Perspektivwechsel und Wahrnehmungstraining.
- Psychomotorik: Da das hauptsächliche Sitzen für Kinder negative Folgen hat, werden Eltern und Pädagogen dazu angeregt, in den Kindertageseinrichtungen Räume und Anreize für Bewegung zu schaffen und somit die gesunde Entwicklung von Kindern zu unterstützen.
Das Bild vom Kind
In der offenen Arbeit stehen die Selbstbildungsprozesse des Kindes im Vordergrund. Das Kind stärkt und trainiert seine Fähigkeiten und kann an seine Grenzen geraten. So kann es seinen Selbstwert und seine -wirksamkeit auf- und ausbauen. Des Weiteren richtet sich das offene Konzept nach Aspekten von Reggio und Montessori.
Ziele
- Stärkung der Selbstbestimmung
- Fähigkeit zur Organisation
- Entwicklung eigener Interessen
- Entwicklung von Handlungs-, Ich- und Selbstbildungskompetenzen
Methodisch-didaktischer Ansatz
In der offenen Arbeit gibt es folgende immer wiederkehrende Aspekte:
- Die Bezugs-, Stamm- oder Bezugsgruppenfachkraft: Diese ist für bestimmte Kinder innerhalb der Einrichtung zuständig, indem sie die Portfolios (Bildungsdokumentationen) mit ihren Bezugskindern führt und Elternarbeit mit den Eltern der Kinder gestaltet sowie Entwicklungsgespräche führt.
- Die Stamm- oder Bezugsgruppe: Damit ist die Gruppe von Kindern gemeint, für die eine Bezugsfachkraft zuständig ist.
- Die Funktionsräume: Dabei handelt es sich um Räume, die eine klare Funktion im pädagogischen Alltag haben. Diese werden auch gemeinsam mit den Kindern eingerichtet. Da sich die Interessen der Kinder stetig ändern, sollten die Räume so konzipiert sein, dass sie zu jeder Zeit flexibel umgestaltet werden können.
- Offene Einrichtungen bieten keine festen Gruppen. Vielmehr bilden die Kinder die Gruppen z.B. in Form von Interessengruppen etc. selbst. Ebenso sucht sich ein Kind seine Bezugsfachkraft (Bindungsperson) selbst aus. Neben der offenen Arbeit gibt es auch Einrichtungen, die mit einem teiloffenen Konzept arbeiten. Hier werden die Gruppen nur an bestimmten Tagen oder zu bestimmten Zeiten geöffnet.
- In einer offenen Kita werden Kinderkonferenzen abgehalten. Dabei handelt es sich um ein Gremium, in dem Kinder selbst über interne Themen, wie z.B. ein Projektthema entscheiden können.
- Weiterhin dienen klare Absprachen und ein fließender Informationsaustausch unter allen Einrichtungsbeteiligten als Grundlage für ein harmonisches Miteinander.
Materialien
Die Funktionen der Räume bestimmen die Auswahl der Materialien. Das Atelier beinhaltet alle künstlerischen Materialien, während im Bauraum ausschließlich Baumaterialien zu finden sind. Die Materialien wiederum orientieren sich zu jeder Zeit an den Interessen und Bedürfnissen der Kinder.
Rolle der pädagogischen Fachkraft
- Beobachter/-in und Begleiter/-in
- Arbeit wird nach Bedürfnissen der Kinder ausgerichtet
- Leben von Partizipation
- Gleichgewicht zwischen klarer Struktur, wie z.B. Mahlzeiten und selbstbestimmter Zeit der Kinder schaffen
Ausgaben passend zum Thema
- Unser Bild vom Kind (BAUSTEiNE KiNDERGARTEN Leitung & Team)
- Wege zu einer gelebten Partizipationskultur (BAUSTEiNE KiNDERGARTEN Leitung & Team)
Beiträge passend zum Thema
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