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Die Erlebnispädagogik

Die Erlebnispädagogik, Kind im Wald
© Maryia – Adobe Stock

In diesem Teil unserer Kolumne „Pädagogische Handlungskonzepte“ beschäftigt sich unsere Autorin Svenja Gleffe mit der Erlebnispädagogik.

Wer waren Jean-Jaques Rousseau und Kurt Hahn?

Der französische Philosoph, Pädagoge und Naturforscher sowie Komponist Jean-Jaques Rousseau (1712–1778) war der Vordenker der Erlebnispädagogik. Sein Buch „Emile oder über die Erziehung“ aus dem Jahr 1762 tritt für die „natürliche Erziehung“ ein. Rousseau beschreibt die Erziehung wie folgt: Kinder lernen, dass ihr Tun logische positive und negative Konsequenzen hat.
Der Pädagoge ist der Ansicht, dass der Mensch durch drei Einflüsse erzogen wird:

  1. Die Natur
  2. Die Menschen
  3. Die Dinge

Die Grundmauern der Erlebnispädagogik bilden das Erlebnis und die Unmittelbarkeit.

Neben Rousseau gilt Kurt Hahn als der „Vater der Erlebnispädagogik“.
Er war Mitbegründer der Schule „Schloss Salem“, welche im Jahr 1920 eröffnet wurde. Hahn leitete diese Schule bis ins Jahr 1933. Schließlich gründete er im britischen Asyl eine weitere Schule und eine Kursschule, in der vierwöchige erlebnispädagogische Kurse für Schüler/-innen im Alter von 16–20 Jahren angeboten wurden.
Nach 1945 wurde die Erlebnispädagogik nur noch am Rande betrachtet und geriet etwas in Vergessenheit. Die Instrumentalisierung von erlebnispädagogischen Elementen durch die Nationalsozialisten trug dazu bei, dass diese Form der Pädagogik nicht mehr aufgegriffen wurde.

Erlebnispädagogik in den Einrichtungen

In der Erlebnispädagogik wird der Mensch als Wesen betrachtet, der mit Kopf, Herz und Hand lernt. Werden ganzheitliche Erlebnisse erfahren und reflektiert, können daraus Erkenntnisse gewonnen werden. Intensive Erlebnisse kann der Mensch als Naturwesen in der Natur erfahren. Das natürliche Bedürfnis nach Spiel, Bewegung und Spannung wird gestillt.

Ziele der Pädagogik

  • Ziele erleben
  • Durchsetzungsvermögen entwickeln
  • Selbstvertrauen entwickeln
  • eigene Grenzen kennenlernen
  • Wahrnehmungsfähigkeit auf allen Ebenen schulen
  • Persönlichkeit entwickeln
  • Teamgeist und Kooperationsfähigkeit entwickeln
  • Eigeninitiative entwickeln

Merkmale der Pädagogik

  • Handlungsorientierung und Ganzheitlichkeit: Mittelpunkt des Lernprozesses ist das Tätigsein und das Lösen von Aufgaben. Die Ganzheitlichkeit beinhaltet alle Dimensionen des Menschen, die für das Tun wichtig sind: Körper, Seele und Geist.
  • Lernen in Situationen mit Ernstcharakter: Aufgaben und Anforderungen werden als natürlicher Sachzwang wahrgenommen.
  • Gruppenorientierung: Aufgaben werden zusammen gelöst. Hierbei steht das Lernen von sozialen Kompetenzen und die Kooperationsfähigkeit im Fokus.
  • Erlebnischarakter: Um erlebnispädagogische Erfahrungen zu sammeln, werden Situationen mit außergewöhnlichen und nachhallenden Erlebnissen kreiert.
  • Freiwilligkeit: Diese Angebote sind freiwillig, da Lernen nicht erzwungen werden kann.
  • Pädagogisches Arrangement: Die Angebote sind geplant und werden dementsprechend betreut.

Methodisch-didaktischer Ansatz

  1. Ereignisse werden durch Emotion zum Erlebnis.
  2. Ein Erlebnis wird zur Erfahrung.
  3. Eine Erfahrung wird durch Reflektion zu einer Erkenntnis.

 

Die drei Phasen:

  1. Anfangsphase: „Trainer/-in“ versucht die Teilnehmenden zu motivieren und zu ermutigen. Zeigt jemand Ängste oder wehrt alles ab, zeigt die Trainingskraft Verständnis. Sie informiert alle über den Ablauf. Eine technische Einweisung erfolgt klar für alle verständlich und umsetzbar. Anschließend werden Regeln für das Miteinander verankert.
  2. Hauptphase: Hier wird das Angebot durchgeführt. Dabei hält die Trainingskraft sich zurück und verhält sich beobachtend.
  3. Abschlussphase: Wenn die Aktion beendet ist, werden die Ergebnisse zusammengefasst. Hier können alle Teilnehmenden Gedanken, Gefühle und Wahrnehmungen äußern.

 

Erlebnispädagogische Angebote, bestehen sowohl aus Einzel- und Partner- als auch aus Kleingruppen- und Gesamtgruppenarbeiten.

Materialien

In der Erlebnispädagogik gibt es kein spezifisches Material. Die Materialien werden individuell nach Gruppengröße, Handlungsraum und Zielformulierung ausgewählt.

Rolle der pädagogischen Fachkraft

„Erziehung ohne Erzieher“ ist der Grundgedanke.
Daher ist die pädagogische Fachkraft hauptsächlich für die Gestaltung der Erlebnisse, die Einführung und Begleitung in den Reflexionsprozessen zuständig. Durch die Qualifikation „Erlebnispädagogik“ sind die pädagogischen Fachkräfte dazu in der Lage, sich mit der Sicherheit für Mensch und Natur auseinanderzusetzen und diesbezüglich zu handeln.

Technisch-instrumentelle Kompetenz:

  • Sicherheitstechniken
  • Organisationskompetenz
  • Verhalten in der Natur
  • Anleitungstechniken
  • Gruppenleitungsverhalten
  • Problemlösungsfähigkeit

 

Sozialpädagogische Kompetenz:

  • Fähigkeit zu motivieren und zu interessieren
  • körperliche Fitness
  • ausgewogene Selbsteinschätzung
  • Selbstbewusstsein
  • Einfühlungsvermögen
  • Charakterstärke und entsprechendes Verhalten

 

Persönlichkeit:

  • flexibler Führungsstil
  • Urteilsfähigkeit auf der Basis von Erfahrung
  • analytisches Problemlösen
  • Entscheidungsvermögen
  • kreatives Problemlösen
Kolumnistin Svenja Gleffe
Svenja Gleffe ist ausgebildete Kinderpflegerin und Erzieherin. Für mehr Infos zur Autorin und ihren Beiträgen auf „Mehr erfahren“ klicken.
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