Das Konzept als Führungskraft auch die Rolle eines Coaches einzunehmen, bietet sowohl Chancen, Herausforderungen als auch Risiken. Mehr dazu im neuen Teil der Kolumne „Ein ♥ für Kita-Coaching“ von Andrea Höddinghaus.
Coach auch ohne professionelle Ausbildung?
Wer diese Kolumne kontinuierlich gelesen hat, dem dürfte inzwischen klar sein, dass es unterschiedliche Begrifflichkeiten und Voraussetzungen zu, über und für Coaches und deren Aufgaben gibt.
Aus meiner Erfahrung heraus gibt es durchaus Themen, die Du, auch wenn Du keine professionelle Ausbildung im Coaching genossen haben, sehr gut in Deinem Kita-Alltag umsetzen kannst (aktives Zuhören, Kommunikation, zirkuläres Fragen, …). Gerade mit einem fundierten pädagogischen Hintergrund. Es folgt kein „aber“, sondern Tipps und Tricks, wie Du dieser Aufgabe begegnen kannst und was Du lieber nicht machen solltest.
Chancen, Risiken und Nebenwirkungen
Das Konzept, als Führungskraft auch die Rolle eines Coaches einzunehmen, besonders in sozialen Organisationen, bietet sowohl Chancen, Herausforderungen als auch Risiken. Aus der Perspektive der Führungskraft (Coach) sowie der der Mitarbeitenden. Wir beleuchten hier einmal die wichtigsten Aspekte.
Die Perspektive der Führungskraft (als Coach/-in)
Die Vorteile: Coaching ermöglicht es Dir als Führungskraft stärkere und persönlichere Beziehungen zu Deinen Mitarbeitenden aufzubauen. Dies kann das Vertrauen und die Kommunikation verbessern.
Als Coach/-in kannst Du gezielt auf die individuellen Bedürfnisse und Potenziale Deiner Mitarbeitenden eingehen und deren persönliche sowie berufliche Entwicklung fördern.
Durch Coaching kannst Du und Deine Führungs- und Leitungskräfte dazu beitragen, die Leistung des Teams positiv zu fördern, indem Du ein Umfeld schaffst, das Eigeninitiative, Verantwortung und kontinuierliches Lernen ermöglicht. Wenn das Team merkt, dass das Coaching eine echte Entlastung schafft, wird es positiv aufgenommen und umgekehrt.
Die Herausforderungen: Ganz klar: Rollenkonflikte. Die Doppelrolle als Vorgesetzte/-r und Coach/-in kann zu Konflikten führen, wenn es neben dem Coaching um Bewertungen, Disziplinarmaßnahmen oder Beförderungen geht.
Coaching erfordert ein gutes Zeitmanagement und persönliches Engagement. Es kann eine Herausforderung sein, diese Verantwortung mit anderen Führungsaufgaben zu vereinbaren.
In manchen Situationen sind die Grenzen zwischen professionellem Coaching und therapeutischer Intervention fließend, was besonders im Kita-Kontext zu Problemen führen kann. Erkennen und wahre diese?
Aus der Perspektive der Mitarbeitenden
Die Vorteile: Als Mitarbeitende profitierst Du von individueller Förderung und Unterstützung, wenn diese auf Deine spezifischen Bedürfnisse und Ziele zugeschnitten sind.
Coaching durch Deine Führungskraft kann Dir helfen, Deine Kompetenzen zu erweitern, Deine Leistung zu verbessern und Deine beruflichen Ziele zu erreichen.
Eine Kultur des Coachings kann zu einer erhöhten Arbeitszufriedenheit beitragen, indem sie ein unterstützendes und wertschätzendes Arbeitsumfeld fördert.
Die Herausforderungen: Die Sorge um Vertraulichkeit kann besonders ausgeprägt sein, wenn die Führungskraft auch als Coach/-in agiert (Doppelfunktion). Mitarbeitende könnten zögern, sensible Themen anzusprechen oder tun es nicht. Das kann Fortschritt oder eine dringend benötigte Lösung verhindern.
Auch könnten Mitarbeitende die Objektivität der Führungskraft in Frage stellen, insbesondere in Bezug auf Feedback und Beurteilungen. Eine zu starke Abhängigkeit von einer Führungskraft kann die Selbstständigkeit der Mitarbeitenden untergraben und deren Fähigkeit zur Selbstentwicklung einschränken.
Entdecke die Ausgabe
BAUSTEiNE KiNDERGARTEN Ausgabe 4/2023
Im Bundesdurchschnitt arbeiten knapp 90% Frauen im Kitabereich, hingegen nicht mal 10% Männer. Warum das der Fall sein könnte und wie man mehr Männer und Diversität in die Kita holen kann, ist Inhalt dieser Ausgabe.
Risiko
Mit einem Coach, einer/einem Mitarbeiter/-in und der Kita hast Du es auch immer mit einem Dreiecks-Verhältnis zu tun. Wer hat welche Kompetenzen, Erwartungen und Ziele? Wie steht es mit vertraulichen Inhalten? Das kann zu Komplikationen führen.
Eskalation
Was mache ich, wenn …? Wenn eine Situation im Coaching oder auch danach eskaliert? Was kann denn überhaupt passieren?
Mitarbeitende/Führungskräfte könnten mit unrealistischen Erwartungen in den Coaching-Prozess kommen oder Missverständnisse darüber haben, was Coaching leisten kann und was nicht. Dagegen helfen eine klare Kommunikation und das Setzen realistischer Ziele. Das hilft von Anfang an dieses Risiko zu minimieren.
Sowohl Führungskräfte als Coach als auch Mitarbeitende können professionelle Grenzen überschreiten, was zu Unbehagen oder ethischen Dilemmas führen kann. Es ist wichtig, klare Grenzen zu setzen und diese auch einzuhalten.
Die Wahrung der Vertraulichkeit ist ein Kernbestandteil des Coaching-Prozesses. Ein Bruch dieser Vertraulichkeit kann das Vertrauensverhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden ernsthaft schädigen.
In einigen Fällen können Klienten eine emotionale oder beratungsbezogene Abhängigkeit von der Führungskraft entwickeln, was ihre Fähigkeit zur Selbstständigkeit beeinträchtigen kann. Es ist wichtig, die Selbstständigkeit der Mitarbeitenden zu fördern und sie zur Eigenverantwortung zu ermutigen.
Stillstand
Mitarbeitende machen manchmal nicht die erwarteten Fortschritte, was zu Frustration auf beiden Seiten führen kann. Eine regelmäßige Bewertung der Ziele und Anpassungen im Coaching-Prozess kann notwendig sein, um sicherzustellen, dass die Mitarbeitenden auf dem richtigen Weg bleiben. Denke daran, ein Coaching ist kein Lernversprechen.
Auch Führungskräfte als Coaches können auf Mitarbeitende stoßen, die psychische Gesundheitsprobleme haben, die über den Anwendungsbereich von Coaching hinausgehen. In solchen Fällen ist es wichtig, mit den betreffenden Mitarbeitenden zu sprechen und auch an geeignete Fachleute verweisen zu können.
Führungskräfte als Coaches müssen sich der rechtlichen und ethischen Rahmenbedingungen bewusst sein, die ihre Coaching-Praxis betreffen. Einschließlich der Einhaltung von Datenschutzgesetzen und berufsethischen Richtlinien – das kennst Du sicher auch schon aus dem Kita-Alltag, wenn es nicht um Coaching geht.
Wer sich hier schlau machen möchte, schaut einfach einmal bei den Deutschen Coaching Verbänden unter „Ethikrichtline“ nach und gleicht die eigenen Ideen dazu ab.
„Nein“ zu sagen …
ist an dieser Stelle eine Kernkompetenz für Führungskräfte, die sich darüber bewusst sind, dass Coaching eine Wirkung hat. Wenn Du oder Deine Mitarbeitenden merken, dass es Störfaktoren gibt, spreche diese an und kläre diese auf, wenn möglich vorab, spätestens wenn etwas zum ersten Mal auftritt. Eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg eines Coachings ist die Freiwilligkeit. Das bedeutet jede/-r darf „Nein“ zu einem Coaching sagen, ohne dass es danach Konsequenzen im Arbeitsalltag gibt.
Der Schlüssel zum Erfolg
Die Rolle einer Führungskraft als Coach in einer Kita ist sowohl vielversprechend als auch herausfordernd. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der sorgfältigen Navigation durch potenzielle Konflikte, der klaren Kommunikation von Rollenerwartungen und dem Aufbau eines unterstützenden, vertrauensvollen Umfelds.
Es ist wichtig, dass beide Seiten – die Führungskraft und die Mitarbeitenden – offen für Feedback sind und gemeinsam an einer positiven, entwicklungsfördernden Arbeitskultur arbeiten.
„Stell Dir vor, die Zukunft wird wunderbar, und Du bist schuld“. (Zitat B. Becker, systemische Beraterin, systemische Coachin, Theologin, u.a.)
Andrea Höddinghaus ist zertifizierte systemische Coachin und begleitet Führungskräfte- und Team-Coachings im Kita-Kontext.

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