Im fünften Teil der Kolumne „Ein Herz für Kita-Coaching“ stellt Andrea Höddinghaus ihren „Werkzeugkoffer“ für ein erfolgreiches Kita-Coaching für pädagogische Fachkräfte vor und verdeutlicht wie ein Coaching Hilfe zur Selbsthilfe sein kann.
Wer, wie, was, wieso, weshalb, warum?
Hast Du vielleicht die Möglichkeit, in Deiner Kita ein Coaching in Anspruch zu nehmen oder denkst Du darüber nach, beruflich oder auch privat in ein Coaching zu investieren? Dann hast Du Dir sicher auch schon die Frage gestellt, was dort eigentlich „passiert“, was die Aufgabe, die Herausforderung sein wird und welchen Einsatz, welche Leistung Du bringen musst. „Welche Fragen muss ich da beantworten?“, fragte mich kürzlich eine Leitungskraft und „Kann ich das denn überhaupt?“.
Entwarnung: Ein Coaching ist kein Leistungstest!
Damit verbunden war vielleicht auch ihr Wunsch, ihr Thema, ihr Problem, dem Coach einfach auf den Tisch zu legen, das Coaching zu bezahlen und dafür dann auch die Lösung vom Coach passgenau geliefert zu bekommen. Verständlich, die Leitungskraft hatte ja selbst keine Antwort, keine Lösung zu ihrem Problem, also muss der Coach die Lösung liefern.
Coaches kennen die Lösungen zu den zahlreichen Fragen, Aufgaben und Problemen ihrer Coachees natürlich nicht. Woher auch. Coaches haben einen „Werkzeugkoffer“, der in der Regel mit Erfahrung, Wissen, Methoden und Ideen gefüllt ist, die die Coachees auf ihren Wegen, hin zu der gewünschten Lösung, zu einer Antwort oder einem definierten Ziel unterstützen, begleiten und helfen. Helfen im Sinne von „Hilfe zur Selbsthilfe“ geben.
Ein Coaching Prozess ist ein „Beförderungsmittel“
Und davon gibt es verschiedene Varianten, die im Coaching genutzt werden können. So wie Du auf einer Reise überlegst, ob Du zu Fuß läufst, den Bus oder das Auto nimmst, fliegst oder wartest, überlegen Coaches, welches „Beförderungsmittel“, welche Methode sie einsetzen, damit Du Dein Ziel erreichst.
Müssen
Eine Methode ist das lösungsorientierte Interview des Coachees. Daher könnte auch die Annahme der Leitungskraft kommen, dass man in einem Coaching Fragen beantworten „muss“. Ob man eine Frage, die ein Coach zur Lösungsfindung stellt, beantwortet, entscheidet ein Coachee aber natürlich zu jeder Zeit selbst – und das gehört auch schon zum Coaching-Prozess dazu. Also, von „müssen“ kann (und darf) keine Rede sein.
Fragen sind in einem Coaching-Prozess unumgänglich. Und, in den meisten Fällen, sind es die Coaches, die fragen – und nicht umgekehrt … 😉
Auf die Frage eines Coachees: „Was würden Sie (der Coach) an meiner Stelle denn jetzt machen?“, darfst Du keine Antwort erwarten, die in Richtung „also an Ihrer Stelle würde ich jetzt…“ geht. Das wäre dann ein Rat(schlag) oder eine Beratung.
Ich weiß es nicht!
Auf die Fragen, die ein Coach Dir stellt, gibt es auch keine „falsche“ oder „richtige“ Antwort. Ganz oft antworten Coachees auch erst einmal mit „ich weiß es nicht“ oder mit „das ist eine gute Frage, darüber habe ich noch nie nachgedacht“. Damit wird dann weitergearbeitet.
Fragen dienen dazu Dir neue Denkanstöße zu geben, eine andere Perspektive einzunehmen oder Impulse zu setzen. Sie können zu neuen Erkenntnissen führen, oder auch gleich zur Lösung. Auch das habe ich schon selbst in einem Coaching-Prozess erlebt. Eine einzige Frage kann zur Lösung des kompletten Themas führen.
Beispiele aus der Praxis
Eine junge Leitungskraft sagt in einem Coaching, dass sie im Kita-Alltag merkt, dass ihr ein bisschen mehr Selbstbewusstsein guttun würde. Zunächst einmal finden wir heraus, was Selbstbewusstsein für die Leitungskraft bedeutet, um Anhaltspunkte für das Coaching zu bekommen.
Welche Fragen würdest Du stellen?
- Skalen-Frage: Auf einer Skala von 0 (nicht selbstbewusst) und 10 (selbstbewusst) – Auf welcher Stufe stehst Du jetzt? Wie bist Du auf die Stufe gekommen? Auf welche Stufe möchtest Du? Was ist dafür erforderlich?
- Ressourcen Frage: Wer oder was hat Dir bisher geholfen, Dein Selbstbewusstsein aufzubauen?
- Paradoxe Fragen: Was müsstest Du tun oder lassen, damit Dein Selbstbewusstsein schlechter wird?
- Hypothetische Fragen: Stell Dir mal vor, Selbstbewusstsein würde in Deiner Leitungsfunktion überhaupt keine Rolle spielen. Was wäre dann für Dich möglich?
- Zielorientierte Fragen: Woran würdest Du merken, dass Du eine selbstbewusste Leitungskraft bist?
- Zirkuläre Fragen: Wenn ich Deine Teamkollegen (Deine besten Freunde, Deine Eltern, …) fragen würde, was würde sie Dir sagen, wie Du Dein Selbstbewusstsein stärken könntest?
Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Fragen, die ein Coach stellen kann. So weit so gut. Wichtig ist, dass diese in einem angemessenen (zeitlichen) Rahmen bleiben. Fragen können nämlich auch verwirren und, was dann nicht so gut ist, überfordern. Als Coach kann man gezielt offene und geschlossene Fragen stellen oder auch einfach mal auf die W- ragen ganz verzichten. Also nicht „Warum haben Sie XY gemacht? Was ist da schiefgelaufen?“, sondern „Nennen Sie mir einmal die Faktoren, die zu dem unerwünschten Verhalten geführt haben.“
Hauptbestandteil von Coachings: Fragen!
- Warum? Sie ermöglichen den Veränderungsprozess.
- Warum? Weil sie die Selbstreflexion des Coachees anregen.
- Warum? Weil sie den Coachee ermutigen, eine neue Perspektive einzunehmen.
- Warum? Weil sie die Kreativität der Coachees fördern, Lösungen zu finden.
- Warum? Fragen fördern tieferes Verständnis und schaffen Platz im Kopf zum Denken.
Wie oft denn noch? Du hast gerade eine weitere Fragetechnik kennengelernt. „Ask 5 times why“ ist eine Methode, die (schnell) zu den Ursachen eines Themas, eines Problems führt. Bei einem einzigen „Warum?“ bekommt man sehr oft nur eine oberflächliche Info, eine direkte Ursache oder eine Rechtfertigung. Um nachhaltig eine Veränderung anzustoßen oder eine Lösung zu finden, hilft es an die Wurzel zu kommen. (Quelle: Toyoda Sakichi, Vater des Toyota Gründers, gilt als Begründer der Methode).
Also, die einzige „Leistung“, die Du in einem Coaching bringen „musst“, ist: freiwillig mitmachen!
In diesem Sinne: Was brauchst Du, um die Weihnachtszeit genießen zu können, das Jahr gut abzuschließen und frisch in das neue Jahr zu starten? Zähle für Dich auf, was Du dafür tun kannst!
Ich wünsche Dir gutes Gelingen bei der Beantwortung der Frage, der Ideenfindung und anschließenden Umsetzung.
Wichtig ist, dass man nie aufhört zu fragen … (Albert Einstein)
Andrea Höddinghaus ist zertifizierte systemische Coachin und begleitet Führungskräfte- und Team-Coachings im Kita-Kontext.

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