Im vierten Teil unserer Kinderschutz-Kolumne haben wir den Begriff „Sozialdatenschutz“ genauer betrachtet und erfahren, wann in diesem Bereich eine Kindeswohlgefährdung besteht. In diesem Teil verschaffen wir uns ergänzend dazu Hintergrundwissen darüber, was es bei der Aufsichtspflicht zu beachten gilt und was der Kinderschutz mit diesem Thema zu tun hat.
Wann beginnt und wann endet die Aufsichtspflicht?
Die Aufsichtspflicht ist ein Teil der Fürsorge und obliegt den Eltern. Jedoch in dem Moment, indem die Sorgeberechtigten der Kinder Deiner Einrichtung das Kind direkt an Dich übergeben, übertragen sie Dir ebenso die Aufsichtspflicht.
Allerdings kommt es manchmal im Kita-Alltag zu Situationen, in denen nicht so ganz klar ist, bei wem die Aufsichtspflicht liegt. Hier einige Beispiele.
Was musst Du tun, wenn das Kind zu früh in die Einrichtung gebracht wird, also bevor die vertraglich festgehaltene Betreuungszeit beginnt?
Du musst das Kind betreuen, egal ob die Kita bereits geöffnet hat oder nicht. Was den Vertrag jedoch betrifft, kann der Träger die Verletzung des Betreuungsvertrages anstreben, wenn die gleiche Situation nochmal eintritt. Wiederholt sich das Szenario anschließend immer wieder, kann der Träger den Sorgeberechtigten den Vertrag kündigen.
Was musst Du tun, wenn das Kind nach Ende der Betreuungszeit nicht abgeholt wird?
Du musst immer wieder versuchen die Sorgeberechtigten zu erreichen oder die Personen, die sonst noch als Notfallkontakte angegeben wurden. Bleibt dies ohne Erfolg, muss das Jugendamt oder ggf. die Polizei verständigt werden, die das Kind dann vorerst in die Obhut des Jugendamtes gibt. Vertraglich gesehen, kann der Träger eine Abmahnung erteilen und so auf ein zusätzliches Entgelt bestehen. Reicht die Abmahnung nicht aus und die Situation wiederholt sich erneut, kann der Betreuungsvertrag gekündigt werden.
Was musst Du tun, wenn die Sorgeberechtigten Dich dazu bewegen wollen, das Kind allein nach Hause zu schicken?
Grundsätzlich musst Du dem Wunsch nachkommen. Sollte das Kind jedoch aus Deiner Sicht gesundheitlich oder psychisch nicht dazu in der Lage sein oder es herrschen unstete Wetterbedingungen und Baustellen beeinträchtigen den Nachhauseweg, sowie der Entwicklungsstand des Kindes macht dies unmöglich, kannst Du Dich weigern und darauf bestehen, dass das Kind abgeholt wird.
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BAUSTEiNE KiNDERGARTEN Leitung & Team Ausgabe 6/20219
Diese Ausgabe bietet neben theoretischen Hintergrundinformationen viele praktische Hilfestellungen für Ihren beruflichen Alltag und dient als erste Orientierung und Einschätzung zu den wichtigsten Fragestellungen rund um das Kita-Recht.
Feste und Veranstaltungen
Während Festen und Veranstaltungen weiß oft niemand so genau, wer nun aufsichtspflichtig ist. In diesem Fall sind es die Sorgeberechtigten. Die Leitung sollte diesen Aspekt bereits im Betreuungsvertrag vermerken und noch einmal zu Beginn der Festlichkeit darauf hinweisen. Eine Ausnahme stellt eine Veranstaltung dar, bei der die Kinder mitwirken, wie z.B. Bühnenauftritte. Sobald es einen abgetrennten Bereich gibt, der nicht direkt von den Sorgeberechtigten eingesehen werden kann und diese auch keinen Zutritt dazu haben, obliegt die Aufsichtspflicht bei Dir.
Art und Umfang der Aufsichtspflicht
Für die Art und den Umfang der Aufsichtspflicht sind zuvor folgende Punkte zu berücksichtigen:
- Entwicklungsstand der Kinder
- Reife
- Verhalten in der Gruppe
- Wie anspruchsvoll ist die zu beaufsichtigende Aktion?
- Gefahrenquellen
- Größe bzw. Anzahl
Die Aufsichtspflicht delegieren, wenn …
- Zuverlässigkeit und Erfahrung vorhanden sind.
- die Person sich in Beobachtungen von alltäglichen Situationen bewährt hat
- eine korrekte Einarbeitung stattgefunden hat (Aufklärung und Schärfung des Blicks auf Gefahrenquellen; wichtiger Info-Austausch über Kinder und Gruppe)
- die Person sich dies selbst zutraut
- Ein polizeiliches Führungszeugnis vorliegt (§ 72 a Abs. 1 SGB VIII)
Was passiert, wenn während des Delegierens etwas schief geht?
Bei Verstoß bzw. ungenügender Anleitung und Kontrolle kannst sowohl Du als auch die delegierende Fachkraft sowie die Leitung zur Verantwortung gezogen werden. In diesem Fall, kann ein Gericht ein Organisationsverschulden vorwerfen.
Was hat Aufsichtspflicht mit Kinderschutz zu tun?
Alle pädagogischen Fachkräfte haben nicht nur einen Erziehungs- und Bildungsauftrag, sondern auch einen Kinderschutzauftrag (§ 8 a SGB VIII). Dieser setzt die Einhaltung der Aufsichtspflicht (§ 611 BGB) voraus. Auch die Einschätzung, ob zwei Kinder allein in einem Raum spielen können, gehört zum Kinderschutzauftrag. Diese Situation mit einer Sichtkontrolle (alle 15 Minuten) zu beaufsichtigen, gehört zur Aufsichtspflicht. Auch dafür zu sorgen, dass regelmäßig der Ernstfall bei Feuer geprobt wird und die Spielgeräte auf dem Außengelände überprüft werden, gehört zur Prävention und ist zum einen Kinderschutz und zum anderen Bestandteil der Aufsichtspflicht (Gefahrenquellen-Beseitigung).

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- Kinderarmut (BAUSTEiNE KiNDERGARTEN Leitung & Team)
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