BAUSTEiNE KiNDERGARTEN

Kinder im Trauerprozess unterstützen

Kinder im Trauerprozess unterstützen, Kind sitzt mit Teddybär auf einer Treppe und ist traurig
© S.Kobold – Adobe Stock

Die Art und Weise wie Kinder trauern, kann sehr unterschiedlich sein. Ich erläutere in dieser Kolumne das Todeskonzept von Kindern, gebe einen grundsätzlichen Einblick zum Umgang mit Gefühlen und wie pädagogische Fachkräfte Kinderbücher einsetzen können, um sich mit dem Thema Tod zu beschäftigen. Am Textende findest Du dazu auch einige Literaturempfehlungen.

Kinder können nicht vor leidvollen Erfahrungen bewahrt werden!

Auch wenn viele Eltern oder Bezugspersonen die Kinder verständlicherweise vor Leid bewahren möchten, ist das nicht umfassend möglich. Aber wir können Kinder bei der Bewältigung solcher Erfahrungen unterstützen, etwa indem wir ihnen zuhören, ihre Fragen beantworten und ihnen zeigen, wie sie mit Gefühlen von Trauer, Wut oder Angst umgehen können. Pädagogische Fachkräfte können für das Kind und die Familien dabei eine wichtige Hilfe sein.

 

Trauernde Kinder brauchen Sicherheit und ein Gegenüber, das keine Angst vor ihren vielfältigen Gefühlen hat. Stimmungswechsel sind typisch für Kinder in dieser Situation. Dafür wird häufig das Bild der „Trauerpfützen“ verwendet, in die die Kinder „hineinstolpern“ und sich dem jeweiligen Gefühl voll hingeben, um dann wieder hinaus zu hüpfen – so, als wäre nichts gewesen (in Anlehnung an: Leni und die Trauerpfützen (2018)). Es sollte kein bestimmtes „Trauerverhalten“ von Kindern erwartet oder gar eingefordert werden, denn Trauer ist (in jedem Alter) sehr individuell.

Das, was einem Kind guttut und was es gerne tut, das sollte es auch in seiner Trauerzeit tun. Die Weiterführung des Alltags ist für Kinder in der Regel sehr hilfreich, da Routinen Sicherheit vermitteln, wozu auch der Kitabesuch zählt. Bevor das Kind mit dem Trauerfall in seinem Umfeld wieder in die Kita kommt, sollte sich die zuständige pädagogische Fachkraft über die Geschehnisse und die allgemeine häusliche Situation informieren.

Kinder altersangemessen einbeziehen

Es geht darum, Verständnis für die Gefühle der Kinder zu zeigen, um sie dann beim Umgang zu unterstützten. Die Bezugspersonen sollten z.B. darüber sprechen, was sie machen, damit es ihnen besser geht, welche Vorstellung sie vom Tod haben, wie sie Trost finden oder mit Ängsten umgehen. Häufig kommt es dazu, dass sich Kinder schuldig fühlen, weil sie sich z.B. irgendwann einmal mit der verstorbenen Person gestritten haben. Hier sollte sehr aufmerksam zugehört werden und bei solchen Gedanken auch sofort korrigierend eingegriffen werden. Insgesamt sollten Kinder altersangemessen miteinbezogen werden. So könnten sie z.B. bei der Planung der Trauerfeier bei der Auswahl von Musik, Blumen und Fotos helfen oder manche Bestattungsunternehmen ermöglichen es, den Sarg zu bemalen. Außerdem können gemeinsam Erinnerungsrituale gestaltet werden, wie z.B. eine Erinnerungsbox mit Fotos, kleinen Gegenständen und gemalten Bildern füllen. Orientiert am jeweiligen Glaubenskonzept, können auch gemeinsame Gespräche mit der toten Person geführt werden. Den Kindern sollte immer die Möglichkeit gegeben werden, Fragen zu stellen und Erinnerungen zu teilen.

Welches Konzept vom Tod haben Kinder?

Das Verständnis vom Tod bei Kindern hängt von unterschiedlichen Faktoren ab wie Alter, kulturellem Hintergrund und individuellen Erfahrungen. Kleinkinder bis ca. 3 Jahre haben noch kein Verständnis für die Endgültigkeit des Todes, denn sie haben noch keine konkrete Vorstellung von Zeit. Allerdings reagieren Kleinkinder auf Veränderungen und auf die Emotionen der Menschen um sie herum. So werden Trennungen oder Verluste (von Kuscheltieren ebenso wie von Personen) betrauert und es kann sich ein verstärktes Bedürfnis nach Nähe zeigen, vermehrtes Weinen oder Schlafprobleme können genauso auftreten wie erhöhte Trennungsängstlichkeit. Dauer und Intensität solcher Reaktionen hängen stark vom Antwortverhalten der Bezugspersonen ab und ob diese – oft auch trotz der eigenen Trauer – weiterhin für die Kinder ansprechbar und emotional verfügbar sind.

Im Alter zwischen 3 bis 5 Jahren verstehen Kinder langsam, was der Tod bedeutet, nämlich dass eine Person oder ein Tier nicht mehr lebt. Sie können den Tod jedoch oft noch nicht als irreversibel oder universell ansehen, sodass sie glauben, die verstorbene Person könnte irgendwann zurückkehren. Sie sind in dieser Altersspanne im Umgang mit diesem Thema häufig eher unbekümmert.

Im Grundschulalter (6–10 Jahre) entwickeln Kinder ein klareres Verständnis dafür, dass der Tod endgültig ist und dass alle Lebewesen sterben müssen. Sie beginnen auch, den Tod als etwas zu erkennen, das jedem passieren kann, einschließlich ihnen selbst und ihrer Familie.

Einige Kinder können ein fortgeschritteneres Verständnis für den Tod zeigen, während andere möglicherweise länger brauchen, um damit umzugehen.

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Resilienz – Was Kinder stark macht
BAUSTEiNE KiNDERGARTEN Ausgabe 2/2023

Wie Kinder mit schwierigen Situationen umgehen, ist einer Frage ihrer Resilienz. Unter dem Thema Resilienz soll diese Ausgabe von Bausteine Kindergarten Impulse und Anregungen bieten.

Wie finde ich das passende Kinderbuch?

Das gemeinsame Lesen von Kinderbüchern zum Thema Tod ist sowohl für Dich als pädagogische Fachkraft als auch für Eltern eine gute Möglichkeit, um Kindern zu helfen, den Verlust zu verstehen und mit Trauer umzugehen. Außerdem sind Kinderbücher für Kinder immer auch eine sehr anschauliche Informationsquelle, bieten einen guten Gesprächseinstieg und können helfen, die richtigen Worte zu finden. Bei der Auswahl sollte das jeweilige Alter des Kindes beachtet werden. Ebenso sollte das Buch von seiner Grundtendenz positiv gestimmt sein. Außerdem gibt es Bücher, die verschiedene Perspektiven bieten, einschließlich kultureller und religiöser Unterschiede. Das kann Kindern helfen, ein breiteres Verständnis aufzubauen. Sowohl in der Kita als auch zu Hause sollten bei der gemeinsamen Betrachtung interaktive Elemente eingebaut werden, d.h. Fragen stellen, die zum Nachdenken anregen oder ein Gespräch eröffnen, damit Kinder ihre eigenen Gedanken und Gefühle dazu äußern können.

Je nach Buch können Kinder sich mit den Protagonisten entweder besonders gut identifizieren, da sie sich in einer ganz ähnlichen Situation befinden – oder sie erhalten durch das Buch die Möglichkeit einer gewissen Distanzierung, um sich so eher indirekt mit der eigenen Situation auseinanderzusetzen.

Literaturempfehlungen

Wäre ich nun in einem Kitateam für die Bestellung von Kinderbüchern zuständig, würde ich die folgenden Bücher bestellen:

  • Velthuijs, M., & Inhauser, R. (1992). „Was ist das?“ fragt der Frosch. Sauerländer
    Protagonisten sind Tiere, die eine tote Amsel finden und gemeinsam überlegen, was zu tun ist und wie sie damit umgehen; ab 2–4 Jahre; die Geschichte ist deutungsoffen und lässt Platz für die Sicht der Kinder, guter Gesprächseinstieg
  • Abedi, I., & Cordes, M. (2006). Abschied von Opa Elefant. Ellermann
    Protagonisten sind Elefanten; ab 3 Jahre; Elefantenopa verabschiedet sich zum Sterben, der Tod bleibt ein Geheimnis, Gedanken zum Thema Himmel und Hölle, Wiedergeburt, die Seele, Verwesung und Erinnerungskultur werden geteilt
  • Heine, H. M. (2018). Leni und die Trauerpfützen. Psychiatrie Verlag, Imprint BALANCE buch+ medien verlag
    Protagonisten sind ein kleines Mädchen und ihr verstorbener Hund; ab3–4 Jahre; Themen sind Beerdigung, Grabbeigabe, Erinnerung, Vermissen, Wut und Umgang mit Trauer
  • Von Kampen, A. (2019). Knietzsche und der Tod: Alles über die normalste Sache der Welt. vision X
    Sachbuch für Kinder (und Erwachsene) ab 8 Jahre rund ums Thema Tod
  • Meinderts, K., Jekkers, H. (2008) Ballade vom Tod. Gerstenberg Verlag
    Protagonisten sind Tiere; ab 4 Jahre; geschrieben in Reimform, der König hat Angst vorm Tod und lässt ihn fangen, nach 300 Jahren wird der Tod frei gelassen, denn ohne den Tod ist das Leben sinnlos, regt zum Denken und Sprechen an
  • Mennen, P. (2019). Abschied, Tod und Trauer – Wieso? Weshalb? Warum? Band 42. Ravensburger Verlag
    Protagonisten sind Menschen; ab 5 Jahre; aus der Sachbuchreihe nach dem üblichen Schema mit Klappentexten und sachlichen Informationen; es ist deutungsoffen, es handelt vom Leben, Sterben, Beerdigungen, Trauer und Gefühlen
  • Geisler, D. (2018). Was mach ich nur mit meiner Trauer? Loewe Verlag
    Protagonisten sind Menschen; ab 4–5 Jahre; es handelt vom traurig sein und von Abschied, Tod und Trauer

Abschlussgedanken

Eines Abends saß ich auf dem Sofa und hörte plötzlich meine Tochter weinen. Sie ist sieben Jahre alt und geht in die zweite Klasse. Sie kam zu mir und sagte, sie habe gerade darüber nachgedacht, was wäre, wenn man tot sei. Dabei fing sie bitterlich an zu weinen, denn sie fand es sehr traurig, dann nicht mehr spielen zu können und nicht mehr da zu sein. In diesem Moment wollte ich alles dafür tun, dass es ihr wieder gut geht. Gleichzeitig merkte ich meine eigene Betroffenheit, da dieser Gedanke auch mich sehr traurig machte. Wir sprachen dann über meine eigenen Gedanken dazu und auch über die verschiedenen Vorstellungen, die Menschen vom Tod haben. Ich schnappte mir zusätzlich noch das Buch „Knietzsche und der Tod“. Am Ende konnten wir sogar gemeinsam lachen, als sie sich vorstellte, als Nacktschnecke wiedergeboren zu werden. Sie wollte dann lieber ein Pferd sein und ich eine Ente. To be continued …😊

Der Finkenau Podcast

Genau zum Thema dieser Kolumne hat Linda Köster einen Podcast aufgenommen. Viel Spaß beim Reinhören!

Um Themen aus dem Kita-Alltag und der Erziehungsberatung geht es im Podcast der Stiftung Kindergärten Finkenau. Mit dem Podcast werden fundierte Erfahrungen aus der Kita-Praxis kurz, knapp und klar zur Verfügung gestellt. Das Format richtet sich an Eltern, pädagogische Fachkräfte und alle, die an pädagogischen Themen rund um die Kindererziehung interessiert sind.

Kolumnistin Linda Köster

Linda Köster ist Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche und ist Vorstandsmitglied der Stiftung Kindergärten Finkenau.

Linda Köster

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