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Mit Kindern über den Tod sprechen

© luxorphoto – Adobe Stock

Der Tod ist ein Thema, bei dem viele Erwachsene zögern, darüber mit Kindern zu sprechen. Doch wenn eine geliebte Person stirbt oder sich eine Situation auftut, die ein Gespräch über den Tod erfordert, ist es wichtig, Kinder altersangemessen zu informieren und Antworten auf ihre Fragen zu geben. Die Kita ist – neben dem Zuhause – ein wichtiger Ort, um Kinder bei der Auseinandersetzung mit dem Tod zu unterstützen. Indem pädagogische Fachkräfte offen über Tod und Trauer sprechen, lernen Kinder, dass beides zum Leben dazu gehört.

„Mama sagt, Oma ist jetzt im Himmel“

Ein ganz normaler Satz eines Kindes in einem ganz normalen Kita-Morgenkreis und doch kann er häufig Unsicherheit – oder sogar Angst – auf Seiten der pädagogischen Fachkräfte auslösen. „Jetzt bloß nichts Falsches sagen oder fragen“, denkt sich vielleicht auch mancher Erwachsene in einer ähnlichen Situation. In der Folge bekommt das Kind nur wenig Reaktion auf seine Äußerung und damit auch viel zu wenig Raum für sein Thema.

Es geht darum, die Chancen, die eine solche Aussage in dem Moment bietet, zu erkennen und zu nutzen. Die pädagogische Fachkraft bekommt die Möglichkeit, dem Kind ihre Anteilnahme zu zeigen und ihm zu signalisieren „Ich bin für dich da“. Außerdem ist es wichtig, Interesse zu zeigen, z.B. indem weiterführende Fragen gestellt werden wie „Woran ist deine Oma gestorben? War die Beerdigung schon? Wie geht es dir?“ Auf diese Weise bekommt auch die ganze Kindergruppe Gelegenheit, mehr über dieses Thema zu erfahren. Vielleicht berichten auch andere Kinder von ihren Verlusten und es entsteht ein Gespräch. Das betroffene Kind erlebt auf diese Weise, dass es Raum für sein Anliegen bekommt und dass es mit seinen Erlebnissen nicht allein ist. Nicht selten möchten Kinder nur die reine Information mitteilen und nichts weiter darüber erzählen. Falls ein Kind anfängt zu weinen, sollte es einfach getröstet werden. Denn es geht bei der Begleitung von Kindern nicht darum, bestimmte Gefühle zu vermeiden, sondern es geht darum, die Kinder beim Umgang mit ihren Gefühlen zu unterstützen.

Um als pädagogische Fachkraft auf Aussagen dieser Art vorbereitet zu sein, bedarf es der eigenen persönlichen Auseinandersetzung mit den Themen Tod und Trauer. Außerdem empfehle ich, entsprechende Fachliteratur zu lesen oder auch Fortbildungen zu besuchen.

Wie soll ich es sagen?!

Wenn eine dem Kind nahestehende Person gestorben ist, sollte es möglichst zeitnah und kindgemäß über die Geschehnisse informiert werden. Kinder haben ein sehr gutes Gespür dafür, dass etwas nicht stimmt. Das verunsichert sie, sie machen sich Sorgen und beziehen es oft auf sich selbst. Diese Punkte sollten pädagogische Fachkräfte mit betroffenen Familien besprechen bzw. selbst berücksichtigen.

Im Gespräch mit Kindern ist es notwendig, den Entwicklungsstand zu beachten. Für Kinder im Kitaalter ist es nur eingeschränkt möglich, die Endgültigkeit des Todes zu verstehen. Diese Erkenntnis ist in der Regel erst gegen Ende der Kitazeit bzw. in der Grundschule möglich. Beantworte die Fragen der Kinder offen und aufrichtig. Dabei kann es auch dazu gehören, über eigene Vorstellungen vom Tod zu sprechen. Als pädagogische Fachkraft sollte man zudem auf die vielfältigen Vorstellungen unterschiedlicher Kulturen und Religionen vorbereitet sein. Hat das Kind von Zuhause aus eine für sich schlüssige und heilsame Vorstellung davon mitbekommen – zu z.B. „Wo Oma jetzt ist“ – sollte diese bestärkt werden.

Grundsätzlich können Kinder mit der Wahrheit besser umgehen als mit Ungewissheit. Wahrheit bedeutet in diesem Fall jedoch nicht, dass Erwachsene jedes, vielleicht sogar grausame Detail des Sterbeprozesses erzählen müssen. Man darf hier auch Mut zur Lücke zeigen, solange die Fragen der Kinder beantwortet werden. Gebe Kindern in solchen Gesprächen auch Zuversicht, Hoffnung und Sicherheit mit auf den Weg. In einer überalternden Gesellschaft ist es z.B. nicht gelogen, wenn man Kindern versichert, dass Menschen in der Regel erst sterben, wenn sie sehr alt sind. Du kannst dem Kind auch versichern, dass Oma bestimmt keine Schmerzen mehr hatte als sie verstorben ist – auch dann, wenn man es eigentlich nicht weiß.

Verwende keine Umschreibungen wie „Oma ist eingeschlafen“ oder „Sie ist von uns gegangen“, denn solche sind für Kinder häufig verwirrend und könnten Ängste – z.B. vorm Schlafengehen – hervorrufen.

Zeige Verständnis für die unterschiedlichen Gefühle und Gedanken der Kinder. Du darfst Dir bei den Antworten Zeit nehmen und z.B. mit dem Kind vereinbaren, dass Du am nächsten Tag ein Buch über Tod und Trauer mitbringst und darin gemeinsam mit dem Kind Antworten auf seine Fragen finden wollt.

Kita-Projekte zum Kreislauf des Lebens

Im Kitaalltag entstehen verschiedene Anlässe, um mit den Kindern über die Themen Tod und Sterben ins Gespräch zu kommen und über pädagogische Methoden zu vertiefen. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, über Projekte und Angebote den Kreislauf des Lebens mit den Kindern zu erforschen.

Eine Möglichkeit ist hier auch das Vorlesen von Büchern über den Kreislauf des Lebens oder ganz konkret zum Thema Tod. Außerdem kann durch Naturbeobachtungen die Gelegenheit genutzt werden, über Lebenszyklen in der Natur zu sprechen. Beobachte zum Beispiel das Werden und Vergehen von Pflanzen oder Tieren im Garten oder bei Spaziergängen. Du kannst auch mit Kindern philosophieren zu Fragen wie „Lebt ein Stein? Was ist Leben? Woran erkennt man Leben?“.

Im Morgenkreis können auch Gesprächsrunden zu Abschied und Erinnerung angeregt werden: z.B. „Von welchen Dingen, Menschen oder Tieren musstet ihr Abschied nehmen? Wie habt ihr Abschied genommen? Was macht ihr, um euch zu erinnern?“ Mit solchen Projekten und Gesprächen können Kitas und auch Eltern dazu beitragen, dass Kinder den Tod als natürlichen Teil des Lebens verstehen lernen.

Mein Fazit

Ich sehe es als großes Glück an, dass wir im Rahmen unserer Arbeit mit Kindern die Möglichkeit bekommen, uns gemeinsam mit ihnen zu den unterschiedlichen Themen des Lebens auf Entdeckungsreise zu begeben. Den ungetrübten Blick von Kita-Kindern auf das Leben und den Tod erlebe ich häufig als sehr heilsam und inspirierend. Es gehört aus meiner Sicht zu unserer Aufgabe – ob nun als pädagogische Fachkraft oder Elternteil – Kinder auch auf diesen Teil des Lebens vorzubereiten. Als meine eigene Oma starb, beherrschten Trauer und Schweigen meine Familie. Wir waren sprachlos und es ist uns bis heute nicht möglich, über sie zu sprechen und all die schönen Erinnerungen an sie miteinander zu teilen. Ich selbst habe erst mit dem Sterbeprozess meines Vaters erleben dürfen, dass es Worte für das schwer Begreifliche gibt und dass bei all der Traurigkeit auch unglaublich viel Liebe im Tod spürbar werden kann.

 

Literaturempfehlungen der Autorin zur Vertiefung

  • Fachbuch: Cramer, B. (2008). Bist du jetzt ein Engel?: mit Kindern über Leben und Tod reden. Dgvt-Verlag.
  • Fachbuch: Franz, M. (2002). Tabuthema Trauerarbeit: Erzieherinnen begleiten Kinder bei Abschied, Verlust und Tod. Don Bosco.
  • Sachbuch für Kinder (und Erwachsene) ab 8 Jahre: Von Kampen, A. (2019). Knietzsche und der Tod: Alles über die normalste Sache der Welt. vision X.
Kolumnistin Linda Köster

Linda Köster ist Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche und ist Vorstandsmitglied der Stiftung Kindergärten Finkenau.

Linda Köster

Der Finkenau Podcast

Genau zum Thema dieser Kolumne hat Linda Köster einen Podcast aufgenommen. Viel Spaß beim Reinhören!

Um Themen aus dem Kita-Alltag und der Erziehungsberatung geht es im Podcast der Stiftung Kindergärten Finkenau. Mit dem Podcast werden fundierte Erfahrungen aus der Kita-Praxis kurz, knapp und klar zur Verfügung gestellt. Das Format richtet sich an Eltern, pädagogische Fachkräfte und alle, die an pädagogischen Themen rund um die Kindererziehung interessiert sind.

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