Kinderarmut erreicht 2023 Höchstwerte: Jedes fünfte Kind in Deutschland ist von Kinderarmut betroffen, und das in einem reichen Industrieland wie Deutschland. Dass der Staat und die Gesellschaft in diesem Bereich nicht genug getan haben, ist Ergebnis des diesjährigen Kinderreports des Deutschen Kinderhilfswerks. Was können wir als Gesellschafft und Kindertageseinrichtungen daraus ableiten? Lese mehr dazu in diesem Beitrag „Kinderreport 2023: Kinderarmut so hoch wie nie“.
Der Staat hat nicht genug getan
Das ist der große Tenor des Reports: Der Staat hat nicht genug getan für die Bekämpfung der Kinderarmut. In Zahlen gesprochen sehen 72% der Befragten Erwachsenen ab 18 Jahre und 61% der Kinder und Jugendlichen zwischen 10 und 17 Jahren, dass die Bundesregierung zu wenig getan hat, um die Kinderarmut in Deutschland zu reduzieren. Die Forderung nach mehr politischem Handeln ist begleitet von einer erstaunlichen Solidarität unter den Befragten. Zwei Drittel der Erwachsenen sind bereit, Steuererhöhungen in Kauf zu nehmen, sofern diese direkt beim Kampf gegen Kinderarmut zum Einsatz kommt.
Bessere Löhne, mehr Teilhabe und Co.
Große Übereinstimmung gibt es bei befragten Kindern und Erwachsenen bei der Bewertung von fehlenden finanziellen Möglichkeiten der Familien als Ursache für Kinderarmut. Diese haben Einfluss auf verschiedene Dinge. Wohnraum zu finden wird zur Mammutsaufgabe, Lernmaterialien oder Spielzeug für die Kinder fast unerschwinglich und auch die kulturelle Teilhabe, der Besuch im Kino oder das Sporttreiben im Verein werden für Familien zur unlösbaren Aufgabe.
Auch Kinder haben Rechte
Materielle und soziale Teilhabe bedingen sich gegenseitig, so hat die Kinderarmut Auswirkungen auf die physische, aber auch die psychische Gesundheit der Kinder. Doch eigentlich sollte es nicht so sein, denn wie es im Artikel 2 der Kinderrechte heißt: Alle Kinder haben die gleichen Rechte. Kein Kind darf benachteiligt werden. Die Liste der hier aufzuführenden Kinderrechte wäre lang, exemplarisch ist noch Artikel 26 („Das Recht jedes Kindes auf Leistungen der sozialen Sicherheit“) oder Artikel 27 („Das Recht jedes Kindes auf einen seiner körperlichen, geistigen, seelischen, sittlichen und sozialen Entwicklung angemessene Lebensstandards“) zu nennen. Da verwundert es nicht, dass sowohl die befragten Kinder als auch Erwachsenen kostenlose Lehrmittel, kostenfreie Ganztagsbetreuung mit freien Mahlzeiten, freier Zugang zu Einrichtungen des sozialen und kulturellen Lebens, die Erhöhung des Kindergeldes sowie mehr Information und Unterstützung der Familien bezogen auf staatliche Leistungen als wichtige Maßnahmen gegen Kinderarmut bewerten.
Entdecke die Ausgabe
Wie Kinder mit schwierigen Situationen umgehen, ist einer Frage ihrer Resilienz. Unter dem Thema Resilienz soll diese Ausgabe von Bausteine Kindergarten Impulse und Anregungen bieten.
Armut führt zu schlechteren Chancen in vielen Bereichen
Armut bedeutet für Kinder Entbehrungen im alltäglichen Leben, aber auch bei ihren Zukunftsperspektiven. Dazu zählen die Wohnverhältnisse, die bei in Armut lebenden Familien oft zu wenig Platz führen. Damit verbunden ist auch der Faktor der Mobilität, ein Auto als Luxusgut ist oft nicht finanzierbar und bedeutet somit, dass Kinder oftmals an ihr Viertel gebunden sind, egal ob es um (Bildungs-)Einrichtungen oder Spiel und Freizeitangebote geht. Bildungschancen als solche limitieren auch oft den weiteren (Bildungs-)Weg der Kinder: Kinder aus armen Verhältnissen haben oft eine geringen oder keinen Bildungsabschluss, was in der Folge zur Arbeitslosigkeit oder Tätigkeiten mit geringem Lohn führen kann. Ein Ausstieg aus Armutsverhältnissen ist so nur schwer möglich. Aber auch die körperliche Gesundheit wird durch Kinderarmut beeinträchtigt. Geregelte, gesunde Mahlzeiten sind für die meisten in Armut lebenden Kindern fremd, der kleine Geldbeutel fördert häufig den Griff zu günstigerem „Fast Food“. Auch die Vorsorge gerät bei finanziellen Sorgen der Eltern oft ins Hintertreffen, Besuche beim Kinderarzt/bei der Kinderärztin oder Vorsorge im Bereich der Zahngesundheit finden seltener statt.

Was tut die Politik für von Armut bedrohte Familien?
Bei der gemeinsamen Vorstellung des Kinderreports vom Deutschen Kinderhilfswerk, namentlich der Vorsitzende Thomas Krüger, und der Familienministerin Lisa Paus wurden zwei staatliche Maßnahmen angesprochen, die im Kampf gegen die Kinderarmut eingesetzt werden. Zum einen ist das der bereits verabschiedete Nationale Aktionsplan „Neue Chancen für Kinder in Deutschland“. Als nationale Umsetzung der Europäischen Kindergarantie sollen benachteiligte Kinder und Jugendliche in fünf Handlungsfelder bessere Zugänge bekommen: Betreuung, Bildung, Gesundheitsversorgung, Ernährung und Wohnraum. Im Zuge dessen kam auch erneut das Thema der Kindergrundsicherung auf. Laut Lisa Paus soll der nun von der Regierung beschlossene Entwurf, welcher nach Durchlauf des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens, erstmals im Januar 2025 an alle Kinder ausgezahlt werden soll, einen ersichtlichen Beitrag zur Bekämpfung der Kinderarmut leisten. Neben dem Betrag, welcher jedem Kind zusteht, gibt es Zusatzbeträge für Kinder mit mehr Bedarfen. Dass soll neben der bereits bekannten Armut nun auch die „verdeckte“ Armut bekämpfen, da Anträge und Zahlungsfluss vereinfacht werden.
Was können wir im (Kita-)Alltag tun?
Resilientere Kinder können soziale Benachteiligung besser ausgleichen. Daher ist die Förderung von Resilienz essentiell und ermöglicht auch im Alltag, der Kinderarmut den Kampf anzusagen. Frühe Mitbestimmung gilt dabei als wichtiger Faktor, um Kinder nach innen und außen hin zu stärken und resilienter auf alltägliche Anforderungen zu reagieren. Daher ist es wichtig, bereits im Kindergarten die Resilienzfähigkeit auszubauen und die innere Stärke der Kinder zu fördern.
Praxisimpuls: Die „Komplimente-Dusche“
Wie wäre es da zum Beispiel mit einer „Komplimente-Dusche“?
Die Kinder sitzen im Stuhlkreis, ein Kind sitzt in der Kreismitte. Nun verteilt jedes Kind aus dem Stuhlkreis ein Kompliment an das Kind in der Kreismitte – eben eine warme Dusche von Komplimenten.
Auch die aktive Partizipation kann bereits im Kindergarten gefördert werden, auf ganz unterschiedlichen Arten und Weisen. Du als Fachkraft kannst dabei je nach Alter und Entwicklung des Kindes entscheiden, wie viel Mitbestimmung bereits möglich und sinnvoll ist. Du kannst ein Kind entscheiden lassen, welches Lied im Morgenkreis gesungen wird oder lässt ein Kind entscheiden, ob es bereits satt ist, auch wenn der Teller nicht ganz leer ist. Entscheide individuell, welche Grenzen den jeweiligen Entscheidungen gesetzt werden und mache den Kindern transparent, wo und in welchem Rahmen sie mitentscheiden dürfen. Eine Form der repräsentativen Mitbestimmung ist beispielsweise das Kinderparlament, bei der eine Gruppe von festgelegten Kindern bei bestimmten Entscheidungen den Kita-Alltag mitgestalten können.
Aktionen von und mit Eltern
Um Familien in finanziell schwierigen Situationen zu helfen, kannst Du, auch mithilfe der Eltern Deiner Kita, mit kleineren Aktionen einen Beitrag leisten. Beispielhaft sei hier die Aktion „Tauschschrank“ vorgestellt. Wie der Name bereits verrät, kannst du in Deiner Kita einen Schrank, Regal oder ähnliche einführen, welcher zum Tausch aller möglicher Dinge genutzt werden kann. So können Eltern nicht mehr benötigte Kleidung, Spielzeuge, Bücher, Haushaltsgegenstände dort reinstellen und Familien, die etwas davon gebrauchen können, dürfen es sich einfach mitnehmen. Dies ist eine schöne Möglichkeit, dass ohne Scham zugegriffen werden kann, denn aus der Erfahrung zeigt sich, dass alle Familien geben und herausnehmen – egal welchen Einkommens.
Tipp: Damit sich der Tauschschrank nicht zu einer „Mülldeponie“ entwickelt, und Dinge nicht über Monate darin in Vergessenheit geraten, ist es von Vorteil, einen „Tauschschrank-Beauftragten“ zu benennen, der/die immer wieder nach dem Rechten sieht.
Viele Grüße von der
Diesen Beitrag hat unser Redaktionsteam für Dich zusammengestellt. Wenn Du uns ein Feedback schicken möchtest oder Fragen hast, schreib uns eine E-Mail.

Ausgaben passend zum Thema
- Kinderarmut (Leitung & Team)
- Flüchtlingsfamilien in der Kita (BAUSTEiNE KiNDERGARTEN Leitung &Team)
Beiträge passend zum Thema
Weiterführende Links

Entdecke das Abonnement
Leitung & Team
Mit Bausteine Kindergarten – Leitung & Team erhältst Du ein Medium, mit dem Du Deine Führungskompetenz erweitern und Deine Mitarbeiter/-innen regelmäßig kompetent und umfassend informieren und weiterbilden kannst.