Kennst Du das? Eltern von Vorschulkindern berichten davon, dass sich ihr Kind in letzter Zeit komplett verändert hat, es ihnen entweder den letzten Nerv raubt, dann aber plötzlich traurig und in sich gekehrt erscheint. Der Grund hierfür kann die „Wackelzahnpubertät“ sein. Die Kinder sind in einer Phase, in der sie sich zwischen Vorfreude und Wackelzahnpubertät befinden.
Die „Großen“ in der Kita
Das letzte Kindergartenjahr ist ein ganz besonderes für die Vorschulkinder. Sie sind nun die „Großen“ in der Kita. Das macht sie einerseits stolz, andererseits ist mit der immer näher rückenden Grundschulzeit aber auch Aufregung und Spannung verbunden. Mit dem „Ernst des Lebens“ endet die scheinbar reine Spielzeit, wenn mit dem Schuleintritt eine gewisse Erwartungshaltung an die Kinder einsetzt und neue Regeln beginnen, vielleicht sogar ein Gefühl des Drucks entsteht. Diese Ambivalenz nehmen die Kinder umso mehr wahr, als das rund um ihr fünftes Lebensjahr ein großer Entwicklungsschub einsetzt, der auch „Wackelzahnpubertät“ oder „6-Jahres-Krise“ genannt wird und ungefähr bis zum siebten Lebensjahr andauert. Dieser äußert sich sowohl physisch, wie auch psychisch. Die Kinder wachsen oft rasant, ihr Körper streckt sich und wirkt reifer, die letzten kleinkindlichen Rundungen verschwinden, nach und nach tauchen „Wackelzähne“ auf. All diese Veränderungen bewirken, dass die Kinder ihren Körper anders wahrnehmen.
Zwischen Kuschelbedürfnis und Wutausbrüchen
Der Wachstumsschub zeigt sich auch in der emotionalen und kognitiven Entwicklung. Ähnlich wie in der Pubertät erleben die Kinder starke Stimmungsschwankungen. Zwischen Kuschelbedürfnis und Wutausbrüchen sind manche Kinder kaum wiederzuerkennen. Aber ihnen wird auch viel abverlangt. Sie müssen sich an die körperlichen Veränderungen gewöhnen, ihre Emotionen fahren Achterbahn und zugleich lernen sie in dieser Zeit extrem viel dazu. Ihr Weltwissen erweitert sich, der Wortschatz wird größer und komplexe Zusammenhänge werden erkannt. Es gibt viele Aha-Erlebnisse, an die die Kinder sich auch später noch erinnern werden.
Ich bin ich und gut so, wie ich bin!
In der Kita wirst Du von den Stimmungsschwankungen vielleicht gar nicht so viel mitbekommen, weil die Kinder sich hier meist zusammenreißen, sich keine Blöße geben möchten. Sie sind ja schon groß! Trotzdem kannst Du die Kinder durch Deine Haltung ihnen gegenüber und mit gezielten Angeboten unterstützen, diese Zeit gut zu durchleben. Schließlich werden hier wichtige Grundsteine für die Persönlichkeitsentwicklung gelegt. Rituale und klare Strukturen sind hierbei enorm hilfreich, schaffen sie doch ein Gefühl der Sicherheit. Durch Verständnis und Annahme erfahren die Kinder eine Wertschätzung ihrer Person, mit all ihren Facetten. Sie werden gestärkt und können mit Selbstbewusstsein dem Übergang in die Schule entgegensehen. Den Kindern zuzuhören, ihre Ängste und Gedanken zum Schuleintritt ernst zu nehmen ist eigentlich nicht schwer, findet im hektischen Kita-Alltag aber oft wenig Raum und manchmal ist man vielleicht auch schnell dazu geneigt, das Ganze positiv bestärken zu wollen, indem ausschließlich die schönen Seiten betont werden.
Selbstbewusst, stark und selbstständig
Vielleicht lässt Du die Kinder sich selbst als Schulkind malen oder, wenn dies innerhalb der Gruppe umsetzbar ist ohne Kinder bloßzustellen, erstellst einen Steckbrief mit ihnen, der ihre Erwartungen und Vorstellungen von der Schule beinhaltet? Eine Komplimente-Dusche, in der jedes Kind etwas Positives zu sich gesagt bekommt, weckt Glücksgefühle und kann zum festen Ritual im Morgenkreis oder bei Angeboten in der Vorschulgruppe werden. Die Übernahme von kleinen Aufgaben stärkt das Selbstbewusstsein der Kinder und hilft ihnen dabei schrittweise selbstständig zu werden. Ob Patenschaften für jüngere Kinder, Tischdienste oder das Helfen beim Kehren, all dies lässt sich wunderbar in den Alltag integrieren und die Kinder in ihrer Entwicklung voranschreiten. Es müssen nicht immer die großen Angebote und Aktionen sein, kleine Dinge bewirken unendlich viel und helfen den Kindern dabei zu wachsen.
Teile Deine Erfahrungen
Wie erlebst Du diese Entwicklung bei den Vorschulkindern in Deiner Kita? Gerne kannst Du mir über das Kontaktformular dazu schreiben. Ich empfinde gerade dieses Alter als besonders spannend, weil sich innerhalb kürzester Zeit so viele Entwicklungsschritte bei den Kindern beobachten lassen!
Ein Buchtipp zum Schluss
In dem Buch „Hallo Schule, hier kommt Ben!“ von Johanna Vogel aus dem Penguin Junior Verlag kommt Ben in die Schule und das findet er ganz schön aufregend! Wie Ben seinen ersten Schultag erlebt, welche Gedanken er sich macht, welche Ängste und Sorgen ihn, bei aller Vorfreude begleiten, wen er kennenlernt und warum er sich zum Schluss bereits auf den nächsten Tag in der Schule freut, wird einfühlsam erzählt. Ansprechende und zeitgemäße Illustrationen von Yvonne Sundag laden zum eigenen Entdecken ein und setzen die Geschichte gekonnt in Szene.
Alexandra Reichenberg ist Erzieherin und Kunsttherapeutin. Sie arbeitet seit mehr als 25 Jahren im Kindergarten- und Grundschulbereich sowie in der Familienbildung.

Ausgaben passend zum Thema
- Komm mit in die Schule (PDF zum Download auf KIGA-Bausteine)
- Schulkind werden (BAUSTEiNE KINDERGARTEN)
- Schulvorbereitung (PDF zum Download auf KIGA-Bausteine) )
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